Jemand, der zuhört

  13.02.2025    WLV BLV BW-Leichtathletik
Diakon Andreas Forro will junge Sportler und deren Eltern auf ihrem Weg im Spitzensport begleiten

Das Projekt „Familienbegleitung im Spitzensport“ ging aus dem Landesarbeitskreis „Kirche und Sport Württemberg“ hervor und ist ein Angebot an junge Sportler, ihre Eltern, aber auch Trainer und Sportvereine und -verbände. Als Projektleiter kann Diakon Andreas Forro als Zuhörer angesprochen werden, auf Wunsch hilft er als neutrale Person auch mit Rat und Tat. 

Erst fängt es langsam an, wenn die Eltern ihr Kind im Sportverein anmelden. Freude an der Bewegung sollen sie haben, koordinative Fähigkeiten erlernen, Spaß in der Gruppe entwickeln, eine Sportart für sich entdecken. Nach den ersten kleinen Wettbewerben lässt sich erkennen, ob und über wie viel Talent der Heranwachsende verfügt. Der Weg kann dann bis in die Weltspitze führen. Zumindest bei einzelnen. 

Begleitet wird dieser Weg selbstverständlich von der Familie. Sie bildet den wichtigen Rückhalt auf dem Weg nach oben. Der angemessene Umgang mit der Begabung des Kindes stellt manche Familie jedoch vor eine Vielzahl von Herausforderungen. Plötzlich tauchen Fragen auf, die einen achtsamen Umgang erfordern und sich nachhaltig auf die Entwicklung des Kindes – und damit auch die sportlichen Leistung – auswirken können. 

Hilfestellung soll dabei Andreas Forro geben. Das Projekt, das der 48-jährige Diakon mit einem Stellenumfang von 50 Prozent betreut, nennt sich „Familienbegleitung im Spitzensport“. Nach 15 Jahren in der schulbezogenen Jugendarbeit wagt er, auch mit einer Ausbildung als Systemischer Therapeut, sich im Metier Sport. Mit den Sätzen „ich bin jemand, der zuhört“ oder „ich denke, im Sportsystem ist wenig Raum für jemanden, dem man sich öffnen und anvertrauen kann, ohne dass dies Konsequenzen hat“ beschreibt er seine neue Rolle. Mit Blick auf die zum Jahresende 2024 bekanntgewordenen Missstände im Kunstturnen sagt er: „Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass jemand vor Ort ist, der einfach da ist und zuhört.“ 

Zukünftig können sich junge Athleten oder Eltern mit ihren Sorgen, Ängsten, Fragen und Nöten vertrauensvoll an Andreas Forro wenden. „Mir ist es wichtig, dass die jungen Menschen wissen, dass ich als Seelsorger an die Schweigepflicht gebunden bin und daher niemand von irgendetwas erfährt, was mir ein Mensch anvertraut!“, betont Andreas Forro. 

Erste Erfahrungen bei der Unterstützung von Eltern im Spitzensport wurden in der Zusammenarbeit von Kirche und Sport bereits vor drei Jahren gesammelt. Damals hatten Sportbeauftragter der Evang. Landeskirche Württemberg Philipp Geißler und Pfarrerin sowie frühere Spitzensportlerin Saskia Triesscheijn zusammen mit der TSG Hoffenheim „Anpfiff ins Leben e.V.“ ein Angebot für Fußballeltern entwickelt und durchgeführt. Es wurden den Eltern zum Beispiel Vorträge mit dem Thema „Wie gehen wir mit Rückschlägen um“ angeboten. Dabei ging es etwa um Verletzungen und das Karriereaus. Also dem jähen Platzen eines Traums. Zukünftig wird Andreas Forro solche Angebote ebenso (mit)gestalten und organisieren. 

Die Breite des Projekts „Familienbegleitung im Spitzensport“ wird bereits an der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Einrichtungen und Verbände sichtbar. Angestellt ist der Diakon bei der Evangelischen Landeskirche Württemberg, sein Büro hat er beim Landessprotverband Baden-Württemberg (LSVBW) und ein Hauptanknüpfungspunkt für seine Arbeit wird der Olympiastützpunkt in Stuttgart sein. 

Zunächst will Forro jedoch erst einmal in den Sport eintauchen. Dabei wird er die Unterstützung des Landesarbeitskreis Kirche und Sport erhalten. Bei Veranstaltungen will der Diakon ins Gespräch kommen. Bei Wartezeiten der Eltern während des Trainings oder auch bei einzelnen Sportveranstaltungen will Andreas Forro mit den Eltern den Austausch suchen und erfahren, was die Kinder und Jugendlichen benötigen? Oder auch die Eltern? Oder die Trainer? Dabei sind die Themenfelder längst bekannt. Etwa dieses, wie eine Familie mit der Förderung des talentierten Kindes umgeht. Während der Vater fast ausschließlich die sportliche Laufbahn im Blick hat, denkt die Mutter mehr an die Noten in der Schule. Und das Kind? Das ist dazwischen, will es beiden rechtmachen. Oder sollte ein Wechsel auf ein Sportinternat anstehen, an das das Kind nicht wechseln will, weil es im gewohnten Umfeld mit den Freunden bleiben will. Oder sollte der Trainer vor einer wichtigen Prüfungsphase wie Abitur oder Mittlere Reife plötzlich massive Anforderungen stellen. Aus Sorge um das Wohlwollen des Trainers trauen sich jedoch weder der junge Sportler oder dessen Eltern, diese Anforderungen in Frage zu stellen. 

Die Erkenntnisse, die Andreas Forro bei seinen Gesprächen mit den jungen Sportlern und deren Eltern sammelt, sollen nicht nur bei ihm bleiben. Neben entsprechenden Angeboten, die für die jungen Sportler und ihre Familien entstehen, sollen auch Kooperationspartner im organisierten Sport – auf Vereins- wie auf Verbandsebene – anonymisiert auf die gewonnenen Einsichten zurückgreifen können. Zum Beispiel durch die Entwicklung eines Moduls für Trainerinnen und Trainer zur Sensibilisierung für die Belange der Familien. 

Diese Umsetzung benötigt etwas Zeit. Worüber sich Andreas Forro schnell freuen würde? „Es wäre schön, wenn die Sportverbände sagen würden: ‘Gut, dass es diese Angebot gibt. Das nutzen wir.’“ 

Die Kontaktdaten von Andreas Forro: 0151 23262170; seelsorge(@)osp-stuttgart.org 

Klaus-Eckhard Jost (LSV) / wlv